Photoelektrokatalyse

      Künstliche Photosynthese für die Produktion von Sauerstoff und            anderen Chemikalien

Für uns auf der Erde ist es ganz normal, dass wir uns keine Gedanken darüber machen, wo unser lebensnotwendiger Sauerstoff herkommt: Pflanzen und Cyanobakterien produzieren ihn beinahe wie selbstverständlich seit 2,3 Milliarden Jahren. Die natürliche Photosynthese vollbringt hierbei in Bruchteilen einer Sekunde immer wieder dasselbe Wunder: mit Hilfe von Sonnenenergie wird Wasser oxidiert, wobei die freiwerdenden Protonen und Elektronen für die Dunkelreaktion, die Reduktion von Kohlenstoffdioxid zu Zucker, verwendet werden. Der entstehende Sauerstoff ist hierbei ein „Abfallprodukt“, das ausgeschieden wird. Wie gut, dass wir unsere Pflanzenwelt haben!

Es ist daher leicht vorstellbar, dass alle Raumfahrtmissionen – egal ob zur Internationalen Raumstation (ISS), zum Mars oder zum Mond – ein wichtiges Problem lösen müssen: Wie produzieren wir nachhaltig, effizient und langfristig Sauerstoff (und damit eine stabile Atmosphäre) z.B. in Habitaten im Weltraum? Und wie recyceln wir den Kohlenstoffdioxid, den unsere Astronaut:innen ausatmen?

Im Augenblick werden Sauerstoff und Wasserstoff auf der Internationalen Raumstation durch die Elektrolyse von Wasser im sog. „Oxygen Generator Assembly“ (OGA) gewonnen. Die Energie hierzu kommt vom Sonnenlicht, das über Solarzellen außerhalb der Raumstation in den Elektrolysator eingespeist wird. Dann klappt ja schon alles? Nicht ganz. Der fehlende Auftrieb bedingt durch die Mikrogravitation auf der ISS behindert die Ablösung von Gasblasen von den Elektroden im Elektrolysator und die produzierten Gase (Sauerstoff und Wasserstoff) können nur mittels zusätzlicher Rotation abgelöst und weiterverwendet werden. Das kostet viel Energie: 1.5 kW der 4.6 kW, die das gesamte Environmental Control and Life Support System (ECLSS) der ISS benötigt, werden von dem OGA verwendet, um Sauerstoff für die Crew bereitzustellen.

Unsere Gruppe arbeitet an alternativen Methoden, um Sauerstoff und andere Chemikalien (wie z.B. Wasserstoff) in Mikrogravitation möglichst langfristig effizient und nachhaltig bei minimalem Energie-Input zu produzieren: Wir versuchen, die elementaren Schritte der natürlichen Photosynthese nachzuahmen, um sog. „artifizielle Photosynthesebauteile“ zu entwickeln. Anstelle von Chlorophyll als Lichtabsorber verwenden wir Halbleiter, die wir mit Elektrokatalysatoren versehen. So integrieren wir die Prozesse der Lichtabsorption, Ladungstrennung und Katalyse und können unter Umständen gewicht- und volumensparender Sauerstoff und Wasserstoff in Schwerelosigkeit produzieren. Die Halbleiter und Elektrokatalysatoren können zudem für beliebige Reaktionen energetisch optimiert werden: So arbeiten wir nicht nur an der Realisierung eines autonomen Sauerstoff- und Wasserstoffproduktionsbauteils, sondern auch an der (photo-)elektrochemischen Reduktion von Kohlenstoffdioxid und der Herstellung anderer Chemikalien wie z.B. Urea (als Düngemittel) oder komplexeren Ausgangsstoffen für die Herstellung von Medikamenten in Mikrogravitation.

 

Weitere Themengebiete unserer Arbeitsgruppe umfassen:

Die Entwicklung von alternativen, passiven Phasenseparierungssystemen zur Ablösung von Gasblasen von Elektrodenoberflächen in Mikrogravitation (z.B. mittels Nanostrukturierung des Elektrokatalysators und der Verwendung von magnetisch-induzierter Auftriebskraft).

Die Simulierung von (photo-)elektrochemischen Systemen in Mikrogravitation mittels COMSOL Multiphysics, OpenFOAM und numerischen Methoden unter besonderer Berücksichtigung von Massentransfer im Elektrolyten und Gasblasenwachstum in Mikrogravitation.

Die (Photo-)Elektrodeposition von Metallen auf (Photo-)Elektroden in Mikrogravitation und die Untersuchung des Einflusses von Gravitation auf die Nukleation und das Wachstum von Metallschichten in diesem Prozess, sowie die entstehende Metallnanotopographie.

Experimente im Fallturm Bremen

Wie können Sauerstoff, Wasserstoff und andere Chemikalien in der Schwerelosigkeit produziert werden? Wozu wird das überhaupt gebraucht und wie können wir hier auf der Erde davon profitieren?

Unsere Projekte werden derzeit gefördert durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR, LiMo #50WM2150 und SolarMag #50WM2358) und der Europäischen Weltraumorganisation (ESA, OISP Idea #I-2022-00037 und #I-2023-01969).

Kontakt

Dr. Katharina Brinkert

Phone: +49 421 218-57973

Email: katharina.brinkert

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