19. November 2010

Pressekonferenz zum 25jährigen Jubiläum: Das ZARM blickt positiv in die Zukunft

Um die steigende Nachfrage an Fallturmexperimenten decken zu können, plant das ZARM den Bau eines zweiten Fallturms mit deutlich höherer Flugfrequenz.

Mit einem winzigen Startkapital, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern und der großen Vision, Forschung in der Schwerelosigkeit zu betreiben, gründete Professor Hans J. Rath vor 25 Jahren das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM). Schon fünf Jahre später nahm das Institut des Fachbereichs Produktionstechnik den einzigen Fallturm Europas in Betrieb, der bald darauf zum Wahrzeichen der Universität Bremen wurde.

Heute gehören die täglichen Fallturmexperimente zum Alltag der mittlerweile 100 MitarbeiterInnen. Seit 1990 wird der Bremer Fallturm von der ZARM Fallturm-Betriebsgesellschaft betrieben, die speziell zu diesem Zweck im Jahr zuvor gegründet wurde. Seitdem expandiert das ZARM stetig: die 1997 gegründete ZARM Technik AG ist beispielsweise Weltmarktführer für Magnetspulen zur Lageregelung von Satelliten.

Hans Rath präsentiert stolz die Erfolge der letzten 25 Jahre: 63 Promotionen und 11 ProfessorInnen hat das ZARM mittlerweile hervorgebracht. Auch der Fallturmbetrieb läuft zurzeit auf Hochtouren. Peter von Kampen, kaufmännischer Leiter der Fallturm-Betriebsgesellschaft, kann beeindruckende Zahlen vor­weisen: „Wir haben zurzeit so viele Fallturmflüge wie noch nie zuvor seit Inbetriebnahme 1990 und sind bis weit ins nächste Jahr ausgebucht. Eine wichtige Grundlage dieser Erfolge ist die langjährige Forschungsförderung durch die DLR Raumfahrtagentur in Bonn und das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie.“

Pünktlich zum Jubiläum feiert das ZARM das 5555. Fallturmexperiment. Als aktuelles Beispiel erläutert der technische Leiter der Fallturm-Betriebsgesellschaft, Christian Eigenbrod, ein Experiment, in dem die Selbstzündung einzelner Brennstofftropfen mittels aufwendiger Laserdiagnostik untersucht wurde. Der verwendete „Scheibenlaser“ gehört zu einer neuen Lasergeneration, die in der Lage ist, extrem detaillierte Daten zu liefern. Die neu gewonnene Datenfülle kann schon in naher Zukunft zur Entwicklung besonders schadstoffarmer Verbrennungsprozesse in Motoren, Kraftwerks- und Flugzeug-Gasturbinen beitragen. „Im Gegensatz zu CO2 ist die Bildung von Stickoxiden relativ leicht zu vermeiden. Wir brauchen diese Experimentergebnisse daher dringend, um eine verlässliche Modellierung der Sprayzündung durchführen und daraus technische Strategien entwickeln zu können,“ so Eigenbrod.

Eines der erfolgreichsten ZARM-Projekte des Jahres 2010 ist eine Experimentserie mit Bose-Einstein-Kondensaten (BEC). Dabei handelt es sich um einen Aggregatzustand extrem kalter Atome, der von Satyendranath Bose und Albert Einstein vorhergesagt wurde und in Fallturmexperimenten für über eine Sekunde realisiert werden kann. Das wissenschaftliche Team um Professor Claus Lämmerzahl würde gerne mehrere tausend Fallturmflüge buchen, um mit dem BEC mit hoher Präzision fundamentale Frage­stellungen zu untersuchen.

Dies ist einer der Gründe, warum das ZARM weiter expandieren will. Hans Rath: „Aufgrund der Eingliederung einer neuen Professur und der personellen Vergrößerung bestehender ZARM-Arbeits­gruppen, denken wir seit Frühjahr 2010 über den Bau eines neuen ZARM-Forschungsgebäudes nach. Im Augenblick arbeitet das ZARM an einem innovativen, nachhaltig wirkenden Forschungskonzept, das die Zukunftsfähigkeit von ZARM-Gesamt sicherstellen soll. Das Highlight dieses Konzeptes ist die Konstruktion eines zweiten Fallturms mit Katapultanlage, mit dem Experimente unter flexibel definierbaren Gravitationsbedingungen möglich sein werden - also sowohl unter Schwerelosigkeit (10-6 g) als auch unter Anziehungskräften, wie wir sie auf dem Mond (1/6 g) oder dem Mars (1/3 g) vorfinden. Die Besonderheit dieser Anlage ist die sehr hohe Flugfrequenz pro Tag, mit der wir der deutlich gestiegenen Nachfrage nachkommen können.“

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